Was ist ein MVZ?
MVZ heißt die Abkürzung von Medizinischem Versorgungszentrum, das zu den Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) zählt. Dort arbeiten mindestens zwei Ärztinnen und Ärzte bzw. Zahnärztinnen und Zahnärzte verschiedener bzw. gleicher Fachgebiete unter einem Dach. Die Einrichtung gewährleistet für Ärzte den interdisziplinären Austausch und verkürzt die Wege für Patienten. Das Versorgungszentrum wird von einem Arzt geleitet. Die Mediziner sind im Medizinischen Versorgungszentrum angestellt oder arbeiten als Vertragsärzte, dies trifft auch auf den leitenden Arzt zu. Er ist verantwortlich für den ordnungsgemäßen medizinischen Behandlungsablauf. Darüber hinaus organisiert er den Einsatz der Ärzte und kontrolliert die fachliche Einhaltung der ärztlichen Pflichten. Der leitende Arzt übt seine Führungsaufgaben in medizinischen Fragen unabhängig, weisungsfrei von der Verwaltung, aus. Die kooperative Leitung durch zwei Ärzte ist, falls unterschiedliche Heilberufsgruppen gemeinsam tätig sind oder im Rahmen einer festen Stellvertretung, möglich. So können beispielsweise ein ärztlicher und ein psychotherapeutischer Leiter bestellt werden.
Die obligatorische Zulassung durch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) erfolgt für das Planungsgebiet, in dem das Medizinische Versorgungszentrum tätig wird. Alle Beteiligten müssen an diesem Standort arbeiten, sodass sich eine organisatorische Konzentration von mehreren Vertragsarztsitzen ergibt. Fachärzten bieten Medizinische Versorgungszentren die Möglichkeit als angestellter Vertragsarzt an der ambulanten Betreuung von gesetzlich Krankenversicherten teilzuhaben, ohne selbst einem wirtschaftlichen Wagnis ausgesetzt zu sein. Assistenzärzte können sich weiterbilden und unverzichtbare Berufserfahrungen sammeln.
Wo ist es gesetzlich geregelt?
Die Rechtsgrundlage für Medizinische Versorgungszentren bildet der § 95 SGB V, der die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung regelt. Im Absatz 1 sind deren Gründungsvoraussetzungen aufgeführt. Das Fünfte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB) legt den Rahmen für die Beziehungen der Krankenkassen zu Ärzten, Zahnärzten und Psychotherapeuten fest. Es schreibt in den §§ 95 – 98 vor, in welcher Form Ärzte und Zahnärzte an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmen können. Das Medizinische Versorgungszentrum stellt dabei eine wesentliche Säule der Gesundheitsversorgung dar.
Historische Entwicklung
Vorbild waren die Polikliniken in der ehemaligen DDR. Die Politik im vereinten Deutschland, insbesondere die SPD, begriff diese Zentren als Möglichkeit, die Versorgung der Bevölkerung mit Gesundheitsleistungen zu verbessern. Nach mehreren Anläufen mit Diskussionen, Besichtigungen der übrig gebliebenen Gesundheitszentren in Ostdeutschland, politischen Absichtserklärungen und verschiedenen Gesetzentwürfen nahm die gesetzliche Regelung der MVZ-Gründung mit der Gesundheitsreform ab 2004 Gestalt an. Sie wurde im GKV-Modernisierungsgesetz unter Gesundheitsministerin Ulla Schmidt präzisiert. Man fand auch einen neuen Namen für die ostdeutsch geprägten Gesundheitszentren: Medizinische Versorgungszentren. Dabei waren die Polikliniken keine Erfindung der DDR. Die erste Poliklinik gründete Hufeland 1793 in Jena, wo bedürftige Kranke durch Ärzte gemeinsam behandelt wurden. Ambulatorien, wie sie damals hießen, wurden bereits 1926/27 von den gesetzlichen Krankenkassen gegründet, während der NS-Staat die Polikliniken wieder schloss. Nach dem 2. Weltkrieg wurden sie in der sowjetischen Besatzungszone wieder aufgebaut. Die Abwicklung der Mitte der 1990-er Jahre noch vorhandenen 30 Einrichtungen in Ostdeutschland wurde durch die öffentliche Auseinandersetzung verhindert.
Da die Versorgungszentren von Patienten wie Ärzten trotz einiger einschränkender Regelungen angenommen wurden, brachte der Gesetzgeber fortlaufend Modernisierungsvorschriften auf den Weg. Mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz wurden ab 2012 Änderungen zur MVZ-Gründung beschlossen. Dieses Gesetz ist bis heute das grundlegende Regelwerk, das ergänzend im neuen § 95 Abs. 1a SGB V seinen Ausdruck fand. Es schreibt vor, wer ein MVZ gründen darf und in welcher Rechtsform dies möglich ist.
Heute sind die Medizinischen Versorgungszentren beinahe schon zum Erfolgsmodell geworden. Ende 2019 gab es laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) über 3.500 Medizinische Versorgungszentren. Damit stieg deren Zahl in den letzten 5 Jahren um ca. 28 Prozent, 2016 waren es noch 2.500. Die meisten der rund 22.000 MVZ-Ärzte sind in Bayern, Nordrhein, Niedersachsen und Berlin beschäftigt. Die Anzahl der Medizinischen Versorgungszentren ist jedoch im Vergleich zu den niedergelassenen Ärzten verschwindend gering, derzeit gibt es weit über 100.000 freie Arztpraxen in Deutschland. Dennoch wächst die MVZ-Zahl kontinuierlich, über 90 Prozent aller dort beschäftigten Ärzte sind in diesen angestellt, nur knapp 10 Prozent freiberuflich tätig. Rund 43 Prozent haben Vertragsärzte als Träger, fast gleich viele mit 40 Prozent Krankenhäuser und weniger als ein Fünftel werden von anderen Trägern wie Kommunen betrieben. In den neuen Bundesländern ist der MVZ-Anteil mit Klinik-Trägern um 20 Prozent höher als in den alten Bundesländern. In den Versorgungseinrichtungen sind durchschnittlich 6 Ärzte beschäftigt, am häufigsten Hausärzte, Chirurgen und Internisten. Die Zentren befinden sich überwiegend in größeren Städten, in ländlichen Gegenden überwiegen Einzelpraxen.